Nach Berufen benannte Straßen

Es gibt die unterschiedlichsten Dinge, nach denen Straßen benannt sein können. Oft sind sie nach Bächen, Wäldern oder Bergen benannt, und häufig auch nach Menschen oder eben, wie bei den Merowingern und Karolingern, nach Volksstämmen oder Familien. Manchmal sind aber auch Berufszweige die Namensgeber.

Vor allem Handwerksberufe hatten in Kelkheim, wie auch in allen anderen Orten, über viele Jahrhunderte eine große Bedeutung, denn so verdienten die Menschen ihr Geld. Einige der nach Berufen benannten Straßen möchten wir dir hier vorstellen. Wir haben die Straßennamen alphabetisch geordnet, die Ortsteile stehen in Klammern dahinter.

Flachs ist ein anderer Name für Leinen. Früher benutzte man Leinenfasern zum Weben von Kleidung, heute nimmt man eher Baumwolle. Die Straße hieß vor 1938 Staufenstraße, dann benannte man sie um. Der Name erinnert an die Leineweberei in den Dörfern, aus denen das heutige Kelkheim entstand. Das Leinen, das die Weber für ihre Arbeit brauchten, wurde vor allem in der Flur „Am Flachsland“ angebaut, zwischen Theresenstraße und Gagernring. Eine andere Anbaufläche „In den Flachsländern“ lag östlich der Hornauer Straße zwischen Theresenstraße und Wehrweg. Die Flachspflanze hat hübsche blaue Blüten und wird zu Bündeln zusammengebunden wie Getreide. Besonders in Kelkheim selbst, also in dem Teil, den wir heute Kelkheim-Mitte nennen, arbeiteten viele Menschen zusätzlich als Leinweber, obwohl sie eigentlich hauptberuflich Bauern waren. Denn die Bestellung der Felder reichte oft nicht aus, um die Familie zu ernähren. Vor allem webten sie Handtücher, weil die Nachfrage danach groß war. Die Webstühle standen in den Wohnräumen der Weberfamilien, obwohl die Häuser damals sehr klein waren. Um Platz für den Webstuhl zu schaffen, wurde der Tisch während der Arbeitszeit an die Decke gehängt. Als Mitte des 19. Jahrhunderts der mechanische Webstuhl erfunden wurde, wurde maschinell hergestelltes Leinen günstiger und die Leinweber verloren  nach und nach ihre Arbeit. Die Menschen suchten nach einer neuen Einnahmequelle und fanden sie – in der Möbelschreinerei. Heute ist Kelkheim bekannt für seine Möbel.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in Kelkheim viel gebaut. Um die Dächer der neuen Häuser zu decken, brauchte man viele Ziegel. 1905 baute der Fischbacher Landwirt und Küfer (das ist ein Gefäßmacher) Martin Glöckner daher eine Ziegelei auf seinem Feld in der Flur „Schulzehnten“. Dort gab es viel Lehm.

Mit seinen Söhnen Adam und Georg brannte er aus dem Lehm Feldbrandsteine, die er dann verkaufte. Im Jahre 1909 baute er eine moderne Ringofenziegelei, also eine runde Ziegelei, die noch schneller und effektiver brennen konnte. Mit zwei Knechten und drei doppelten Pferdegespannen wurden die Ziegel zu den Baustellen gefahren. An der Einfahrt der Ziegelei in der heutigen Behringstraße baute Adam Glöckner ein Wohnhaus und Stallungen für die Tiere. Nach dem Tod von Adam Glöckner wurde die Ziegelei im Jahre 1920 für 100.000 Reichsmark an einen Frankfurter mit Namen Gottschalk verkauft. Später kaufte das Baugeschäft Martin Schmitt & Söhne in Kelkheim die Ziegelei. 1927 wurden in der Ziegelei pro Jahr zweieinhalb Millionen Steine produziert. Nach mehrfachem Besitzerwechsel wurde die Ziegelproduktion Ende der 1950er Jahre eingestellt. Das Gelände kaufte die Hoechst AG, die Mitte der 1970er Jahre für ihre Betriebsangehörigen Wohnungen darauf ließ.

Die Straße liegt am Rande der Wiese „Im Förstergrund“. Als „Forsterswyssen“ erscheint der Name erstmals 1333 in einer Urkunde.

Chemische Waschmittel gab es früher nicht. Um die weiße Wäsche zu bleichen, damit sie auch nach mehrmaligem Waschen immer noch schön hell war, breiteten die Hornauerinnen deshalb ihre Kleidungsstücke auf den Wiesen aus. Die Sonne bleichte alles und machte es noch weißer.

Vor 1900 hieß die Mühlstraße Zwerchgasse, was so viel wie Quergasse bedeutete. Die Mühle, die ihr schließlich ihren Namen gab, stand auf dem Grundstück Mühlstraße 21. Philipp Finger übernahm 1840 die jahrhundertealte Mühle und betrieb darin bis 1870 auch eine Bäckerei. Die alten Mühlengebäude brannten 1865 nieder, wurden jedoch gleich wieder aufgebaut. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Mühlenbetrieb eingestellt, weil er sich finanziell nicht mehr lohnte. Die Gebäude der Fingersmühle wurden 1965 abgerissen. Heute steht dort ein mehrgeschossiges Wohnhaus.

Dort, wo heute die Straße verläuft, war früher eine Wiese, auf der viele Jahrhunderte lang eine Mühle stand. Kein Wunder, dass man sich da für den nahe liegenden Namen Mühlwiese entschieden hat, nicht wahr? Zum ersten Mal wurde im Jahr 1307 eine Mühle in Münster erwähnt, die mit einer zweiten Mühle seit 1440 Eigentum des Mainzer Stephanstiftes war. Die Einwohner von Münster, aber auch die Sodener und Sulzbacher ließen dort ihr Mehl malen, genauso wie auch die Ober- und Unterliederbacher. Schon vor 1567 gehörte die Mühle den Herren von Kronberg, später den Freiherren von Bettendorf und dann der Gräfin Sophia von Coudenhoven. Die Pächter wechseln sehr oft, bis vor 1806 der Niederhofheimer Müller Johann Peter Christian Schiela (1782-1829) die Mühle mit 40 Morgen Land erwarb. Durch eine Hochzeit ging die Mühle 1920 an Wilhelm Pfeiffer über. Bis 1968 war die ab dann nach ihm benannte Pfeiffersmühle in Betrieb, dann musste sie dem Bau der Querstraße zwischen Frankfurter Straße und Münsterer Knoten Platz machen. Im Juli 1974 schließlich endete die jahrhundertelange Geschichte der Mühle – ihre Gebäude wurden abgerissen.

Die Töpferstraße gibt es nicht mehr, seit 2008 die Neue Stadtmitte fertig geworden ist. Denn sie wurde dort gebaut, wo die Töpferstraße früher entlang führte. Im 19. Jahrhundert nannte man diese Straße Krautgartenweg, dann Staufenstraße. 1938 erhielt sie den späteren Namen Töpferstraße, der daran erinnert, dass auch im alten Kelkheim das Töpferhandwerk betrieben wurde. In dem nun schon lange wegen des Baus der Stadtmitte abgebrochenen Anwesen Töpferstraße 4 wurden noch bis 1925 von Bernhard Sachs (1882-1952) überwiegend vornehme Blumentöpfe produziert. Sein Vater Nikolaus Sachs (1850-1922) töpferte noch Gebrauchsgeschirr für den Haushalt. Der ehemalige Brennofen wurde um 1955 abgerissen.

Auch diese Straße ist dem Weberhandwerk gewidmet. Ab etwa 1850 hieß sie Höllgasse, dann Rossertstraße. 1977 erhielt sie ihren heutigen Namen, der an die Leineweber, die auch in dieser Straße ihre Webstühle betrieben, erinnern soll (siehe auch Straße Am Flachsland). Die Straße entstand um 1850 als erste Ortserweiterung. Ihr alter Name Höllgasse bezieht sich auf ihre Lage an einem sanft ansteigenden Hang, der mittelhochdeutsch „Helle“ oder „Helde“ heißt. Der Hang ist deutlich zu erkennen im Verlauf der Feldbergstraße zwischen Bahnstraße und Weberstraße.

Die ehemalige Gastwirtschaft „Zum Taunus“, Wirtsstraße 3, gab der Straße den Namen. Das Gasthaus war von 1815 bis 1984 im Besitz der Familie Kugelmann, zuletzt der Familie Köster. Im Jahre 1984 kaufte die Kirchengemeinde St. Josef das Gebäude, das seitdem den Katholiken in Eppenhain als Gemeindehaus für ihre Treffen zur Verfügung steht. Die Kellergewölbe darunter stammen wohl noch aus dem Mittelalter, weshalb man davon ausgeht, dass es das älteste Haus von Eppenhain ist. Im Innern trägt ein Türstock die Inschrift „ANNO DOMINI 1614 Jörg Fritz“, was darauf hinweist, dass das Haus 1614 gebaut wurde.

(Anne Zegelman / Quelle: Dietrich Kleipa)