Der Abwasserreinigungsprozess beginnt mit den sogenannten mechanischen Reinigungsverfahren. Diese Verfahren stammen aus den Anfängen der Abwässerreinigung. Und einige sehr alte Begriffe für die Anlagen werden in unserer hochtechnisierten Welt immer noch genutzt: Rechenanlage und Sandfang.
Bei Führungen durch die ARA erleichtert eine Informationstafel je Reinigungsstufe das Verständnis. Einen Ausschnitt der jeweiligen Besuchertafel findet Ihr zu Beginn der jeweiligen Erläuterungen.
Die erste Reinigungsstufe ist die Rechenanlage: In der Rechenanlage werden mit je drei Grob- und Feinrechen Grobstoffe (Artikel der Monatshygiene, Wattestäbchen, Toilettenpapier, Laub) aus dem Abwasser entfernt. In der ARA Sindlingen haben die Grobrechen einen Stababstand von 40 Millimeter, die Feinrechen von 20 Millimeter. Das bedeutet, das alle Grobstoffe die größer als eine Daumenbreite sind, in den Feinrechen hängenbleiben.
Die Rechenanlage ist wegen der starken Geruchsbelastung in einem Gebäude untergebracht, dessen Abluft in der Abluftreinigung behandelt wird.
Auf dem Bild seht Ihr einen Grobrechen der Rechenanlage. Hier bleiben die ersten Grobstoffe hängen.
Es ist wahrhaft kein schöner Anblick, und auch der Geruch im Gebäude lädt nicht zum Verweilen ein. Was aus dieser „Schmutzbrühe“ wird, seht ihr im Abschnitt „Rein in den Main“.
Täglich fallen rund 4 Kubikmeter Rechengut an. Rechengut nennt man die durch Fein- und Grobrechen entfernten Grobstoffe. Durch Waschen des Rechengutes werden noch Fäkalstoffe entfernt. Anschließend wird das Rechengut durch eine Presse entwässert.
Das Rechengut wird in großen Transportbehältern gesammelt und anschließend in einer Müllverbrennungsanlage der Stadt Frankfurt/Main verbrannt.
Nach der Rechenanlage kommt als 2.Reinigungsstufe der Sandfang: In der zweiten Reinigungsstufe werden insbesondere Störstoffe (Sand, kleine Steine, Glassplitter, Fette) entfernt. Durch eine geringe Fliessgeschwindigkeit des Abwassers setzen sich diese Stoffe am Boden ab. Ein Räumer schiebt sie in einen Trichter am Beckenboden, aus dem sie zum Sandbunker befördert werden. In der Fachsprache heißen diese Abfälle Sandfanginhalte.
Durch das Einblasen von Luft werden Fette und andere Leichtstoffe an die Oberfläche getrieben und dort ebenfalls durch einen Räumer in eine Rinne geschoben und entsorgt.
Das Bild zeigt die beiden jeweils 40 Meter langen und 6 Meter breiten Becken des Sandfangs. Die Becken sind 3,20 Meter tief. Wegen der noch starken Geruchsbelastung sind sie abgedeckt; die Abluft wird abgesaugt und in der Abluftreinigung behandelt.
Die Vorklärung ist die letzte Stufe der mechanischen Reinigung: Das Abwasser fließt etwa eine Stunde durch diese Becken. Schwebestoffe setzen sich am Boden ab, Schwimmstoffe bleiben an der Oberfläche. Durch einen Räumer werden die Stoffe entfernt und als Frischschlamm in einen Speicher gepumpt.
Das Bild zeigt eines von sechs Becken der Vorklärung. Sie sind jeweils 65 Meter lang, 10 Meter breit und 2,50 Meter tief.
Weitere Becken zum Absetzen von Klärschlamm sind nach der Ersten Biologischen Stufe die Zwischenklärung und nach der Zweiten Biologischen Stufe die Nachklärung.
Mit der Ersten Biologischen Stufe beginnen die biologischen Reinigungsverfahren: Jetzt wird’s kompliziert! Hier erfolgen der Kohlenstoffabbau und die sogenannte Denitrifikation (ein Stickstoffabbau) gleichzeitig. Durch eine geregelte Sauerstoffzufuhr bauen vorhandene Bakterien organische Schmutzstoffe (= Nährstoffe für die Bakterien) ab. Gleichzeitig wandeln sie auch Nitrat in elementaren Stickstoff um, der in die Luft abgegeben wird (Denitrifikation).
Die Anlage besteht aus drei Becken. Sie sind jeweils 48 Meter lang, 12 Meter breit und 5 Meter tief. Wegen der Geruchbelastung sind sie abgedeckt. Gut sichtbar sind nur die oberirdischen grünen Rohrleitungen für die Luftzufuhr. Der Sauerstoff der Luft wird von Turbogebläsen durch Membranteller im Beckenboden in die Becken geblasen.
Auf dem Bild seht ihr auch die Informationstafel für Besucher (Bildmitte), auf der der Reinigungsvorgang kurz erläutert wird.
Die nächste Reinigungsstufe ist die Zwischenklärung: Die Bakterien der Ersten Biologischen Stufe haben das Abwasser von organischen Stoffen gereinigt. Als Klärschlamm sinken sie im den Absetzbecken der Zwischenklärung zu Boden. Das Abwasser fließt weiter in die zweite Biologische Stufe.
Drei Rundbecken mit einem Durchmesser von je 50 Metern sind im Einsatz. Die Tiefe beträgt 2,60 bis 5,10 Meter. Die Trennung von Abwasser und Klärschlamm dauert ungefähr drei Stunden.
Nach der Zwischenklärung folgt die Zweite Biologische Stufe: Ammoniumverbindungen werden durch Bakterien in Nitrat umgewandelt. Auch hier sorgt eine geregelte Sauerstoffzufuhr für optimale Lebensbedingungen der Bakterien. Die Fachleute nennen den Vorgang Nitrifikation.
Die Anlagen bestehen aus vier Becken. Sie sind jeweils 60 Meter lang, 12 Meter breit und 5 Meter tief. Der Sauerstoff aus der Luft wird durch drei Turbogebläse durch am Boden angebrachte Membranteller die Becken geblasen.
Die Nachklärung ist die letzte Reinigungsstufe zur Beseitigung von Klärschlamm: In den Nachklärbecken setzt sich der Schlamm nach der zweiten Biologischen Stufe ab. Im Einsatz sind drei Nachklärbecken mit einem Durchmesser von je 55 Metern. Die Tiefe beträgt 2,60 bis 5,70 Meter.
Bei allen biologischen Reinigungsstufen benötigen die Bakterien Energie. Diese beziehen sie aus den Phosphorverbindungen des Abwassers, den sie in ihren Energiehaushalt einbauen (ATP, der Energielieferant der Bakterien). Die verbleibenden Phosphorverbindungen im Abwasser werden mit Aluminiumsalzen ausgefällt in den Schlamm.
Die Filtration ist die letzte Reinigungsstufe der ARA Sindlingen. Hier werden noch feinste Feststoffe herausgefiltert. Insgesamt gibt es 16 kleinere Becken. Die gesamte Filterfläche beträgt 640 Quadratmeter.
So, nun ist der Reinigungsprozess beendet. Jetzt geht’s rein in den Main. Schaut noch mal nach oben in den Kopf dieser Seite, dort seht Ihr ebenfalls den Weg des Wassers durch die verschiedenen Klärstufen.
(Klaus Höfer, Rotary Club Kelkheim)