Grundlagen und Planungen

Im Bundeswaldgesetz (Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft) ist die Bedeutung des Waldes kurz zusammengefasst:

„den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern“.

Im hessischen Waldgesetz findet sich eine etwas ausführlichere Beschreibung. Dazu später mehr im Kapitel „Funktionen“.

In diesem Kapitel erfahrt ihr insbesondere, welche Planungen die Stadt Kelkheim als Waldbesitzer durchführen muss.

Betreut durch Hessen-Forst

Der Stadtwald Kelkheim wird von Hessen-Forst betreut. Hessen-Forst ist ein Landesbetrieb von Hessen und betreut rund 400 Reviere in 39 Forstämtern. Neben dem hessischen Staatsforst werden auch Kommunalwälder wie der Stadtwald Kelkheim sowie Privatwald betreut.

Lokal zuständig für den Stadtwald Kelkheim ist das Forstamt Königstein. Der Stadtwald ist Teil der Revierförsterei Kelkheim, zu der noch der Staatsforst auf Kelkheimer Stadtgebiet und der Bad Sodener Stadtwald gehören. Revierförster ist zurzeit Förster Hendrik Bickel.

10-Jahresplanung – Forstbetriebsplanung

Waldbesitzer mit einer Fläche von mehr als 100 ha sind verpflichtet alle 10 Jahre eine Inventur durchführen. Die neue „Forstbetriebsplanung“ in Kelkheim mit Stichtag 01.01.2023 wurde am 8. Juli 2024 vom Stadtparlament genehmigt. Sie folgt auf den Plan von 2012. Die neue Inventur hätte also schon 2022 durchgeführt werden müssen. Aber insbesondere aufgrund des Borkenkäferbefalls hatte sich die Fertigstellung der aktuellen Planung verzögert

Und als Laie kann man sich nicht so einfach vorstellen, wie aufwändig diese Inventur und Planung ist. Vor der Detailplanung ist aber zunächst der Waldbesitzer gefragt, die Stadt Kelkheim. Letztes Wort hat die Stadtverordnetenversammlung, aber vorher wollen viele Bürger mitreden und ihre Interessen vertreten und Vorschläge einbringen.

Zielvereinbarung zur Forstbetriebsplanung

Die Inventur und Planung erfolgt durch den Landesbetrieb Hessen-Forst. Dabei werden die Vorgaben und Zielformulierungen des Waldbesitzers berücksichtigen. Im April 2023 hat unser Bürgermeister als Vertreter der Stadt Kelkheim die „Zielvereinbarung zur Forstbetriebsplanung“ zum Stichtag 1.1.2023 unterschrieben.

Näher erläutert werden die Ziele und ihre Rangfolge im Kapitel „Funktionen“.

Erstellen der 10-Jahresplanung – Inventurarbeiten

Nach der Festlegung der Zielvereinbarung hat sich der Forsteinrichter von Hessen-Forst für viele Monate mit der 10-Jahresplanung 2023 beschäftigt.

Zunächst sind umfangreiche Inventurarbeiten (Zählen, Messen) erforderlich. Was bedeutet das? Die Baumbestände müssen mit ihren aktuellen Vorräten und Zuwächsen ermittelt und die forstlichen Kartenwerke aktualisiert werden.

Abteilungen und jeweiliges Betriebsbuch

Natürlich möchte jeder Waldbesitzer wissen, welche Bäume sich in seinem Wald befinden, z.B. Buchen oder Fichten. Und wie alt sind die Bäume? Wo können Bäume in den nächsten 10 Jahren gefällt werden? Wo sollte welche Baumart neu gepflanzt werden?  Bevor ihr weiterlest, könnt ihr euch ja mal überlegen, welche Informationen noch interessant wären.

Eines kann ich mit Sicherheit sagen: ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Informationen vom Forstamt in Königstein über unseren Stadtwald alle vorliegen und dann in der Planung verarbeitet werden. Es ist unglaublich detailliert und kompliziert.

Der Stadtwald ist in 56 sogenannte Abteilungen eingeteilt. Zum Teil gibt es noch Unterabteilungen. Die Abteilungen sind unterschiedlich groß: von 1,1 ha bis 23,9 ha. Die Einteilung in Abteilungen wurde schon im 19. Jahrhundert vorgenommen. Die Pläne und Informationen je Abteilung wurden damals alle noch manuell gezeichnet und geschrieben.

Aktuell sieht das ganz anders aus. Auf dem Bild seht ihr einen Ausschnitt aus der „Forstwirtschaftskarte-Stadtwald Kelkheim“ von HessenForst.  Interessant der Wahlspruch (unten rechts): bei HessenForst heißt es „Mehr Wald-Mehr Mensch“!

Ausschnitt Forstwirtschaftskarte – Stadtwald Kelkheim / Copyright HessenForst

Der Kartenausschnitt zeigt einen Teil des Stadtwaldes nordöstlich von Fischbach in Richtung Schnaidhain. Die Zahlen sind die Bezeichnungen für die zuvor erörterten Abteilungen. Rechts oben sind die Abteilungen 16, 17, 24 und 25. Es sind die im Kapitel Geschichte erläuterten ehemaligen Gemeindewälder.

Durch die unterschiedlichen Farben wirkt das Bild etwas verwirrend. Aber einfach für den Fachmann. Für die Hauptbaumarten im Stadtwald (siehe auch später die Übersichten zu den Baumarten) gilt: Eiche = gelb, Buche = braun und Fichte = blau. In Abteilung 25 dominiert die Eiche.

Und zu jeder Abteilung/Unterabteilung gibt es das sogenannte Betriebsbuch.

Bild Betriebsbuch Abt. 25 – Blatt 1/ Copyright HessenForst

Hier das Betriebsbuch zu Abteilung 25; es gibt noch ein Blatt 2 mit weiteren Detailinformationen, insbesondere zum Vorratsbestand. Für den Laien ist es unmöglich, alle diese Infos zu erfassen und zu verstehen.

Deshalb folgen auch nur wenige zusätzliche Erläuterungen.

Ein Schwerpunkt der Forsteinrichtung ist die Bestandsbeschreibung. Diese Detailinformationen bilden z.B. auch die Grundlage für die später beschriebene Einschlags- und Verjüngungsplanung.

Insgesamt umfasst das Betriebsbuch 480 Seiten. Eine Zusammenfassung dieser Daten bildet die Grundlage für den Schlussbericht zur Forstbetriebsplanung zum 1.1.2023.

Schlussbericht zur Forstbetriebsplanung zum 1.1.2023

Der Schlussbericht zur Forstbetriebsplanung zum Stichtag 1.1.2023 von Hessen-Forst umfasst 25 Seiten (einschließlich Anhänge 31 Seiten). Davon entfallen 15 Seiten auf das Kapitel „Ergebnisse der neuen Inventur“.

Nach der Beurteilung des abgelaufenen Planungszeitraumes bildet die neue 10-Jahresplanung mit der Einschlags-, der Waldpflege- und der Verjüngungsplanung das Herzstück des Schlussberichts.

Eine kleine Auswahl der interessantesten Aussagen des Schlussberichts ist auf den folgenden Seiten zusammengestellt.

Zuerst folgt eine Darstellung, wie die Fläche von 699 ha des Stadtwaldes genutzt wird:

Bild Flächenübersicht/Copyright HessenForst

Aus der Übersicht ergibt sich, dass nicht alle Flächen des Stadtwaldes „regelmäßig“ bewirtschaftet werden (WirB). Bei den sogenannten WarB-Flächen (rund 7 %) handelt es sich um Waldstücke, bei denen sich eine Bewirtschaftung nicht lohnt oder wegen Kompensationsmaßnahmen nicht zulässig ist.

5 % der Betriebsfläche sind Naturwaldentwicklungsfläche. Es sind Waldflächen mit „natürlicher Waldentwicklung und 20-jährigem Nutzungsverzicht“, die im Rahmen des Förderprogramms „Klimaangepasstes Waldmanagement“ ausgewählt wurden.

Mehr dazu später im Kapitel „Funktionen“.

Aus der Zusammenfassung der Einzelinformationen des Betriebsbuches ergibt sich der Bestand sowie weitere wichtige Aussagen, z.B. zum Holzvorrat und zur Altersstruktur.

Baumartengruppen/Copyright HessenForst

Eiche, Buche (einschließlich Hainbuche und Esskastanie) sowie die Edellaubbäume (vor allem Ahorn, Kirsche, Esche, Linde) und die Weichlaubbäume (vor allem Birke, Erle, Pappel) bilden die Gruppe der Laubbäume. Sie bedecken rund 78 % der Fläche und damit 8 % mehr als vor 10 Jahren.

Fichte, Douglasie, Kiefer und Lärche bilden die Gruppe der Nadelbäume mit rund 22 % der Fläche. Insbesondere die Fichte hat rund 7 % Flächenanteil verloren. Dies ist Folge von Windwurf und vor allem des Borkenkäferbefalls seit 2018. Laut Schlussbericht ist die Fichte „im Hinblick auf die Klimaerwärmung und Standortwasserbilanz im Stadtwald Kelkheim nicht standortgerecht und wird weiter an Fläche verlieren“.

In der Übersicht sind außerdem die Holzvorräte in Festmetern angegeben. Hier spielt dann auch das Alter der jeweiligen Bestände eine große Rolle.

Eine weitere Übersicht zeigt die Altersklassen der Baumarten.

Altersklassen/Copyright HessenForst

Die Farben entsprechen den Farben der vorherigen Ansicht (Eiche gelb, Buche braun, usw.). Die Eichen und Buchen bilden nicht nur die größten, sondern auch die mit Abstand ältesten Bestände.

Die Übersicht zeigt, dass über die Hälfte der Fläche mit Bäumen in den Altersklassen größer 80 Jahre bestückt ist.

Beurteilung des abgelaufenen Planungszeitraums und neue Planung

Vor der neuen Planung erfolgt noch eine Beurteilung des abgelaufenen 10-Jahres-Planungszeitraumes.

Dabei wird vor allem auf die Entwicklung der Baumartenanteile mit dem deutlichen Rückgang der Fichtenbestände, vor allem bedingt durch den Borkenkäfer, hingewiesen.

Bezüglich der Holznutzung geht dabei ein deutlich über der Planung liegender Holzeinschlag bei der Fichte von 188 % einher. Insgesamt wurde die Einschlagsplanung zu 83 % erfüllt.

Viel interessanter ist jedoch die neue Planung. 2 Übersichten daraus sind im Folgenden dargestellt.

Zunächst die „Einschlagsplanung“

Einschlagsplanung/Copyright HessenForst

Einige kurze Erläuterungen dazu am Beispiel der Buche, auf die mit 42% der größte Anteil an der jährlichen „Holzernte“ entfällt. Die Mengenangabe erfolgt in Ernte-Festmeter (Efm).

In der Übersicht zum Bestand stehen dagegen Vorrats-Festmeter (Vfm). Wieder eine für den Laien zunächst nicht verständliche Unterscheidung. Ein Vorratsfestmeter „enthält alles Holz > 7 cm Durchmesser inklusive Rinde; rechnerisch gleich 1,25 Erntefestmeter“. Dazu eine interessante Anmerkung: Äste mit einem Durchmesser von < 7 cm dürfen nicht verkauft werden und müssen im Wald verbleiben.

Die „Produktionszeit“ beträgt 140 Jahre. Dann sollte die Buche ihre „Zielstärke“ von 60 cm erreicht haben; d.h. der Durchmesser ist rund 60 cm auf Brusthöhe (= 1,30 m). Dem Durchmesser entspricht ein Umfang von rund 190 cm. Eine einzelne Person kann einen solchen Baum nicht mehr „umarmen“.

Unter „Hauptnutzung“ ist die Ernte von „reifen“ oder „zielstarken“ Bäumen, d.h. mindestens 140 Jahre alten Buchen zu verstehen. Bei einer Ernte von 350 Efm entspricht dies rund 50 – 60 „zielstarken“ Buchen pro Jahr.

Unter „Pflegenutzung“ und „Läuterung“ (Pflegeeingriff in Jungbeständen) wird der Holzeinschlag in nicht zielstarken Beständen zur Pflege verstanden. Bei zu engem Bewuchs können sich Bäume nicht entsprechend entwickeln, sodass regelmäßig zur „Pflege“ auch jüngere Bäume gefällt werden müssen.

Alle im jeweiligen Jahr zu fällende Bäume werden vom Revierförster durch zwei Schrägstriche gekennzeichnet.

Eine weitere wichtige Planung für den neuen 10-Jahreszeitraum ist die „Verjüngungsplanung“.

Verjüngungsplanung/Copyright HessenForst

Bei der Verjüngungsplanung wird unterschieden zwischen Naturverjüngung (67 %) und künstlicher Verjüngung (33 %) durch Pflanzung.

Die Buche verjüngt sich von Natur aus gut, sodass hier Pflanzungen meist nicht erforderlich sind. Ohne forstliche Eingriffe wären die Kelkheimer Wälder langfristig reine Buchenbestände.

Der Schwerpunkt der künstlichen Verjüngung betrifft „die Pflanzung von Eiche, Edellaubbäumen oder Douglasie zur standortgerechten und klimastabilen Wiederbewaldung der sich auflösenden Fichten-Kalamitätsflächen“. Die Fichten-Kalamitätsflächen sind insbesondere entstanden durch erforderliche „Kahlschläge“ nach Borkenkäferbefall.

Das folgende Bild zeigt eine dieser Flächen, die, neben der Naturverjüngung durch Buchen, im Jahr 2022 durch die Pflanzung von Douglasien und Küstentannen aufgeforstet wurde. Es betrifft die Abteilung 25: im Betriebsblatt ist diese Neupflanzung unter „Verjüngungsschicht“ erfasst.

Auffällig sind die Gitter um die Jungpflanzen. Im Schlussbericht heißt es: “Wildverbiss spielt im Stadtwald eine spürbare Rolle. Verbissempfindliche Baumarten (wie Eiche, Edellaubbäume und Tanne) sind ohne Wildschutz kaum zu verjüngen“.

Jährlicher Waldwirtschaftsplan

Ausgehend von der jeweils gültigen 10-Jahresplanung muss jährlich ein Waldwirtschaftsplan erstellt werden. Da die neue Forstbetriebsplanung erst 2024 fertiggestellt wurde, basiert der Plan 2024 noch auf der Forstbetriebseinrichtung von 2012.

Für 2024 wird folgende „Holzernte“ für die vier wichtigsten Baumarten geplant. Wie die Heuernte oder Kartoffelernte gibt es also auch die Holzernte. Weitere Begriffe sind hier „Holzeinschläge“ und „Hiebsatz“. 2012 wurde für die nächsten 10 Jahre geplant, wie viele von den einzelnen Baumarten gefällt werden.

Auszug aus der Sitzungsvorlage für den Waldwirtschaftsplan 2024

Der Plan 2024 sieht unter anderen vor, 1.880 Festmeter Buchen zu „ernten“. Für den „fortgeschriebenen ausgeglichenen Hiebsatz“ wäre ein „Holzeinschlag“ von 2.354 Festmetern möglich gewesen, um weiterhin nachhaltig zu wirtschaften.

„fm“ ist die Abkürzung für Festmeter. Das ist ein Holzwürfel von 1 m Länge, 1 m Breite und 1 m Höhe.

Aber was heißt das nun konkret: Wie viele Eichen oder Buchen werden nun tatsächlich „geerntet“?

Eine „zielstarke“ Buche z.B. hat ein Produktionszeit von rund 140 Jahren und eine Zielstärke von 60 cm (Durchmesser auf 1,30 m Höhe = Brusthöhendurchmesser oder BHD). Eine zielstarke Buche ergibt ungefähr 5 – 7 Festmeter Holz. Bei 1.880 fm entspricht das rund 300 Buchen insgesamt.

Aber es ist dann doch etwas komplizierter. Neben der Ernte zielstarker Bäume gibt es ja noch die Pflegenutzung sowie die sogenannte „Läuterung“, d.h. Pflegeeingriff in Jungbestände, der vorrangig der Sicherung künftig wertvoller Bäume dient. Und bei diesen Jungbeständen kann die Holznutzung je Baum bei unter einem Festmeter liegen.

Waldwirtschaftsplan 2024 – Einnahmen und Ausgaben

Der Wald verursacht Kosten, die im Gesamthaushalt der Stadt, wo alle Einnahmen (insbesondere natürlich Steuern und Gebühren) und Ausgaben (z.B. für Personal, Kindergärten, Straßen usw.) erfasst werden.

Es ist grundsätzlich vorgesehen, dass die Ausgaben für den Wald durch Einnahmen, insbesondere aus dem Holzverkauf, gedeckt werden. Dazu wird jedes Jahr ein Entwurf des Waldwirtschaftsplans vom Forstamt Königstein erstellt, der von der Stadt Kelkheim jeweils genehmigt werden muss.

Der Waldwirtschaftsplan für das Jahr 2024 sieht Einnahmen von ungefähr 327.000 Euro und Ausgaben in Höhe von 282.000 Euro vor.

In den Einnahmen sind 62.000 Euro zur „Förderung für klimaangepasstes Waldmanagement“ enthalten. Mehr zu der Förderung und den Kriterien erfahrt ihr im Kapitel „Funktionen“.

Von den übrigen Einnahmen entfallen rund 90 % auf den Holzverkauf. Die Menge der Holzernte wird dabei mit erwarteten Preisen je Festmeter bewertet. Die Preise je Festmeter für die jeweilige Holzart unterliegen zum Teil sehr starken Schwankungen. Weitere Einnahmen betreffen vor allem den Verkauf von Weihnachtsbäumen und Holzlesescheinen sowie die Jagdpacht.

Wesentlicher Teil der Ausgaben sind die Kosten für die Holzernte. Erfasst sind auch die Kosten für den Förster des Forstamt Königstein. Und die vielen Waldwege, die wir beim Wandern, Laufen oder Fahrradfahren nutzen, müssen laufend instandgehalten werden.